Ambulante Kur mit Nebenwirkungen

“Kommunen sorgen sich um Versorgung mit Kur- und Badeärzten / Prädikat als Kurorte in Gefahr / Runder Tisch mit den CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Mack und Nicolas Zippelius über interkommunale Lösungen / Anstoß zu Werbeaktion zusammen mit dem Heilbäderverband / Mack: „Moderne Ansätze, um auch künftig gut versorgt zu sein“


Kreis Calw/Kreis Freudenstadt/Kreis Karlsruhe. Die ambulante Kur ist wieder Pflichtleitung der Krankenkassen. Doch sind immer weniger Kur- und Badeärzte in den Kurorten tätig. Auch sind die Kapazitäten therapeutischer Folgeleistungen begrenzt. „Für die Patientinnen und Patienten ist das ärgerlich, für die Kommunen schädlich für ihre Renommee und den Tourismus vor Ort. Es droht der Verlust des Prädikats als Kurort. Damit schwinden ein Stück Tradition und der Zugang zu wertvollen Fördermitteln zur Stärkung der kommunalen Infrastruktur“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Mack. Er kennt das Problem aus vielen Kommunen in seinem Wahlkreis Calw/Freudenstadt. Zusammen mit CDU-Bundestagskollege Nicolas Zippelius aus dem Nachbarwahlkreis Karlsruhe Land initiiert Mack daher einen Runden Tisch mit betroffenen Gemeinden, Vertretern aus Politik und des Deutschen Heilbäderverbands sowie weiteren Experten. Zippelius: „Das Problem der Kurzärzteversorgung wird sich aufgrund des hohen Altersdurchschnitts der Mediziner verschärfen. Es geht darum, im offenen Austausch Lösungsansätze zu finden.“


Anstoß gab ein Brief der Bürgermeister Klaus Hoffmann (Bad Herrenalb), Christoph Schaack (Dobel) und Christian Stalf (Waldbronn). In allen drei Gemeinden fehlt trotz intensiver Bemühungen eine Nachfolgelösung für die Kurärzteversorgung. Gespräche mit Kliniken hätten sich zerschlagen, sagt Schaack. „Aus der Not heraus wollen wir bei der Kurarztversorgung interkommunal und landkreisübergreifend zusammenarbeiten“, sagt Hoffmann. Kollege Stalf sieht mit dem Einsatz von Telemedizin die Chance, den Berufsstand zeitgemäß aufzustellen und zugleich dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Videosprechstunden, höhere Honorare, reduzierte Zeiten bei der Weiterbildung zum Kurarzt: All das soll kommen. Doch die Vertragsverhandlungen zwischen der Kassenärztliche Bundesvereinigung und dem Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen stocken seit drei Jahren. Zugleich sinkt die Zahl der Kurärzte: Waren es 2002 noch 1057 Leistungserbringer, weist die Statistik der zentralen Abrechnungsstelle für 2020 nur noch 301 Kurärzte bundesweit aus. Fritz Link, Präsident des Heilbäderverbands Baden-Württemberg, weiß um die Bemühungen der Kommunen, Ärzte zur Weiterbildung mit Kostenübernahme zu motivieren: „Doch das Interesse bei jungen Ärzten ist gering, der Mehraufwand rechnet sich betriebswirtschaftlich nicht.“ Es seien genau 75 Euro Pauschale für die dreiwöchige Betreuung eines ambulanten Kurpatienten, sagt Dr. Harro Böckmann, Vorsitzender der Badeärzte Baden-Württemberg. Er sieht die Kassenärztlichen Vereinigungen in der Pflicht, den gesetzlichen Auftrag zur Versorgungsleistung in den Ländern zu sichern. „Dort wird das Problem verneint, nicht nur im Bereich der Kurärzte“, sagt Knut Bühler, Erster Landesbeamter und Gesundheitsdezernent des Landkreises Karlsruhe: „Insbesondere bei Haus- und Kinderärzten steuern wir darauf zu, dass ein Mediziner 6000 bis 14.000 Patienten zu versorgen hätte.“ Angesichts des demografischen Wandels und der damit verbundenen Herausforderungen in der Rehabilitation pocht Arne Mellert, Geschäftsführer des Heilbäderverbands Baden-Württemberg, darauf, die ambulante Vorsorge auszubauen: „Unsere 55 prädikatisierten Kurorte im Land leisten viel im Bereich der Prävention.“


Christine Neumann-Martin, CDU-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Ettlingen, sieht Möglichkeiten, eine Kurarztkampagne in das landesweite Ärzteprogramm zu integrieren: „Wir müssen Anreize setzen, dass Mediziner aller Fachrichtungen die Weiterbildung in Anspruch nehmen.“ Die Bundestagskollegen Mack und Zippelius wollen mit den Gesundheitsexperten ihrer Fraktion dafür sorgen, dass die Verhandlungen zum Kurarztvertrag zum Abschluss kommen. Mack: „Das schafft Sicherheit bei allen Beteiligten. Und zusammen mit dem Heilbäderverband müssen wir für die moderne Form der ambulanten Kur werben. Es geht darum, auch künftig gut versorgt zu sein.“